2x Nein gegen die Wohnkrise
Von SPe, 12.November.2024
STANDPUNKT von Daniel Gähwiler
Co-Geschäftsleiter Mieterinnen- und Mieterverband Luzern NW OW UR
Die Schlagzeilen wiederholen sich: «Wohnen kaum mehr bezahlbar», «Wird das Wohnen zum Luxus?» oder «Ich muss jeden Abend das Bettsofa ausziehen» sind sinnbildlich für die aktuelle Wohnkrise. Was hinter den Schlagzeilen steht, beleuchtet beispielhaft eine Recherche (ausgerechnet) der NZZ zur Frage, wer sich wo in Zürich noch was für eine Wohnung leisten kann. Fazit: Die Coiffeuse im Beispiel der NZZ kann sich mit ihrem Lohn von 4’000.- auf jede zwanzigste ausgeschriebene Wohnung bewerben, praktisch alles 1-/1.5-Zimmer Wohnungen. Die Pflegefachfrau mit 5’400.- könnte sich immerhin jede siebte Wohnung leisten, darunter auch einige 2-/2.5-Zimmer Wohnungen.
Die Zahlen in Zürich liegen trotz allen Mietzinssteigerungen in Luzern immer noch auf einem ganz anderen Niveau. Aber auch wir hier spüren den Mangel an zahlbaren Wohnungen: Die Angst, die Liegenschaft könnte saniert werden und man sich dann den Umzug nicht leisten kann. Die Frage, auf was man bei der nächsten Mietzinserhöhung verzichtet oder wie weit man bereit ist zu pendeln, um weiter vom bisherigen Wohnort entfernt eine zahlbare Wohnung zu finden.
Mitten in dieser Wohnkrise kommen nun zwei Vorlagen zur Abstimmung. Obwohl ‘Untermiete’ und ‘Eigenbedarf’ als Begriffe ganz harmlos daherkommen, verbirgt sich hinter den beiden Vorlagen ein Abbau des Kündigungsschutzes. Die Vorlage zur Untermiete greift in ein Rechtsgebiet ein, wo es kaum je zu Rechtsstreitigkeiten kommt und verhindert auch kein Airbnb-Missbrauch. Im Gegenteil, die Einschränkung, dass die Untermiete nur noch für zwei Jahre gelten darf und die Möglichkeit, bei Verstössen innert 30 Tagen künden zu können, trifft Wohngemeinschaften, Gemeinschaftspraxen, innovative Ladenlokale mit Einleger-Shops oder Gewerbebetriebe. Missbräuchliche Untermietzinse und Airbnb-Missbrauch sind bereits heute verboten und auch in Zukunft werden es hauptsächlich die Eigentümer selbst sein, die Wohnungen über Airbnb und Co. untervermieten.
Die Vorlage zur Ausweitung des Eigenbedarfs gefährdet Mieter:innen dort, wo sie besonders verletzlich sind: Beim Verkauf der Liegenschaft, in der dreijährigen Schutzfrist nach Gerichtsprozessen und bei der Bemessung einer Mieterstreckung nach einer Kündigung. Mit dem «Schutz des Eigentums» hat dies wenig zu tun, der ist bereits heute gut ausgebaut. Die zusätzlichen Kündigungsmöglichkeiten werden aber wohl zu mehr Kündigungen führen und damit Gelegenheiten schaffen, um bei einer Neuvermietung den Mietzins kräftig zu erhöhen.
Was aber liesse sich nach der Abstimmung vom 24. November den wohnpolitisch verbessern? Zwar stehen wohl bald schon weitere Referendumsabstimmungen an, neue Vorstösse, um die Miete einfacher erhöhen zu können sind bereits von der Rechtskommission des Nationalrats verabschiedet worden. Aber an eigenen Ideen mangelt es uns nicht.
Gemeinden können den bestehenden preisgünstigen Wohnraum vor Renditesanierungen schützen. In Kriens und Luzern wird wohl 2025 über den Schutz des preisgünstigen Wohnraums abgestimmt werden. Gemeinden können selbst Land kaufen und an gemeinnützige Wohnbauträger wie Stiftungen oder Genossenschaften abgeben, wie dies aktuell Sempach plant. Der Kanton soll den preisgünstigen Wohnraum fördern, wie es die eben von der SP Kanton Luzern lancierte Wohn-Initiative will. Nicht zuletzt steht nächstes Jahr die Lancierung einer Initiative des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz an, mit der missbräuchliche Mieten bekämpft werden sollen.
Mit einem doppelten Nein zu den Mietrechtsvorlagen am 24. November können wir diesen Ideen einen kräftigen Schub verleihen und der Immo-Lobby ihre Pläne für mehr Rendite auf Kosten der Mieter:innen fürs erste durchkreuzen. Auf geht’s.