Gemeinsam engagiert.


Von Urlaub kann keine Rede sein

Von SPe, 11.September.2020

STANDPUNKT von Nadja Stadelmann Limacher

Auf der Strasse durchs Entlebuch bekam ich zu hören „früher ging es auch ohne Vaterschaftsurlaub und es ist etwas geworden aus unseren Kindern“. Dies freut mich für diese Familien, deren Kindern wohl nun flügge sind. Früher blieb die Mutter nach einer Geburt eine ganze Woche im Spital. Sie und ihr Baby wurden rund um die Uhr umsorgt. Kamen die beiden nach Hause, war da möglicherweise noch die Mutter oder Schwiegermutter im gleichen Haus wohnhaft und alle haben mitgeholfen. Früher ja. Heute im Jahr 2020 leben wir andere Familienmodelle und es ist Zeit, dass der Vater eine gewichtigere Rolle spielen darf und auch soll. Da ist ein neues Leben. Was kann es Wichtigeres geben, als diesen Anfang möglichst präsent zu erleben.

Die Schweiz ist europaweit das Schlusslicht in Bezug auf Vaterschaftsurlaub oder Elternzeit. In der Schweiz bekommen Väter bei der Geburt eines Kindes nur einen Tag frei. Also ich habs nicht geschafft, innert diesen 24h zu gebären. Und dann kommt man nach Hause und ist froh um jeden Tag und jede Nacht Unterstützung. Und die nicht von irgendwem. Nicht vom Besuch, nicht von der Schwiegermutter, sondern vom Papa. Er, der da ist und sich um den Besuch kümmert, darauf achtet, dass du dich anständig ernährst und wieder zu Kräften kommst, der die ollen Milchpumpeutensilien sterilisiert. Der einfach da ist für dich, das Baby und allenfalls auch für Geschwister und deren Bedürfnisse! Dies ist streng und von Urlaub kann weissgott nicht die Rede sein.

Am 27. September haben wir die Chance, das endlich zu ändern. Es ist unfassbar wenig. Aber besser als nichts! Und selbst diese zwei Wochen werden bekämpft. Traurig aber wahr.

Die 14 Tage Vaterschaftsurlaub müssen nicht direkt nach der Geburt und vor allem auch nicht am Stück bezogen werden. Sondern grad dann, wenn es gerade nötig ist. Dann, wenn mindestens zwei Hände und ein offenes Herz fehlen. Dann, wenn eine Brustentzündung im Anmarsch ist oder der Besucheraufmarsch. Dann, wenn man vom Geburtsort nach nur drei Tagen nach Hause geschickt wird und sich erstmal einnistet zu Hause, als neugeborene Familie. Sich in einer komplett neuen Welt zurecht findet, zu der es weder ein Rezept noch einen Plan gibt. Man wird wortwörtlich neu geboren, als Mutter UND als Vater.

Wer die 14 Tage Vaterschaftsurlaub oder einen Teil davon bezieht, erhält 80% des durchschnittlichen Einkommens, höchstens 196 Franken pro Tag. Die ganzen 14 Tagen werden maximal mit 2’744 Franken vergütet. Und wichtig, niemand muss diesen Vaterschaftsurlaub beziehen. Es soll einfach allen überhaupt möglich sein. Und nicht nur den privilegierten und gutverdienenden Vätern. JederMANN.